Vor einigen Wochen staunten über 30 Mitglieder der Fanhilfe Dortmund nicht schlecht, als sie in ihren Briefkästen Post vom Polizeiposten Waibstadt aus Baden-Württemberg vorfanden. Darin teilte die Polizeibehörde den betroffen Fanhilfe-Mitgliedern nämlich mit, dass gegen sie fortan ein Ermittlungsverfahren geführt werde, das eine mutmaßliche Beleidung zum Nachteil des Herrn Dietmar Hopp zum Gegenstand habe. Was den Fans genau vorgeworfen wird, wird derzeit noch im Rahmen des Verfahrens ermittelt.

Doch was ist eigentlich vorgefallen?

Kaum eine Person polarisiert die deutsche Fußballlandschaft mehr, als es SAP-Gründer und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp spätestens seit dem Bundesliga-Aufstieg der TSG 1899 im Jahr 2008 tut. Von vielen Kraichgauern zum Wohltäter stilisiert, der seinem ehemaligen Jugendverein und der Region durch private Investments in Millionenhöhe den Weg in den Profifußball geebnet hat, steht Hopp jedoch insbesondere in den Augen vieler Fans der großen Traditionsvereine für das Gesicht des berechenbaren, modernen Fußballs.

Eben aus dieser Symbolik heraus entwickelte sich daher in vielen deutschen Fankurven ein fortwährender Protest gegen die TSG 1899 Hoffenheim und ihren Mäzen Hopp, den gegnerische Fans noch heute in aller Regelmäßigkeit in Form von Transparenten, Fahnen oder Gesängen zum Ausdruck bringen. So auch am 34. Spieltag der Saison 2017/18, als der BVB in Sinsheim gastierte. Hier soll es aus dem Gästeblock heraus zu vorgeblich beleidigenden Gesängen gegen Dietmar Hopp gekommen sein, weswegen sich nun also über 30 Anhänger gegen den Vorwurf der Beleidigung wehren müssen.

Diese Praxis stellt allerdings keinen Einzelfall dar, wie ein kürzlich veröffentlichter Artikel des Deutschlandfunk zeigt (https://bit.ly/2CBTVpW). So ermittle die Polizei auch gegen 21 Fans des 1. FC Köln, die sich ebenfalls aus dem Sinsheimer Gästeblock heraus mutmaßlich an beleidigenden Gesängen beteiligt haben und anschließend identifiziert worden sein sollen. Zudem berichtet der DLF, dass Hopp und sein Anwalt, Christoph Schickhardt, ähnlich gelagerte Fälle im Rahmen von vier weiteren Bundesligaspielen wegen Beleidigung zur Anzeige gebracht hätten.

Völlig unabhängig von der rechtlichen Bewertung möglicherweise auch gelegentlich deftiger Fangesänge sehen wir, die Fanhilfe Dortmund, die Vorgehensweise von Herrn Hopp als dünnhäutige Aktion in einem Konflikt an, der auch von Sinsheimer Seite aus nicht immer deeskalativ betrieben wurde und wird – man nehme nur das Beispiel der Gästeblockbeschallung im Jahr 2011.

Wir sind der Ansicht, dass ein solches Vorgehen vielmehr noch unsere Fankultur in ihrer Gesamtheit gefährdet. Sollte Dietmar Hopp mit seinem Vorstoß Recht bekommen, könnte dieses Modell womöglich Schule machen und somit verheerende Auswirkungen auf den Stadionbesuch der Zukunft haben. Wenn der gemeine Fan nämlich gleich strafrechtliche Konsequenzen fürchten müsste, nur weil er etwa aus der Emotion heraus den Schiedsrichter für eine Fehlentscheidung bepöbelt oder den gegnerischen Spieler beschimpft, der seinen Treffer gerade provokant vor der Südtribüne zelebriert, würde dem Fußball sein emotional-irrationaler Charakter genommen – der Charakter, der die Faszination Fußball seit jeher maßgeblich ausmacht, ob in der Bundesliga oder auf den Sportplätzen der Kreisliga C.

Gleichwohl zeigt die Causa Hopp beispielhaft, dass man in Zeiten der zunehmenden Repression gegen Fans auch als gemäßigter Stadionbesucher nur zu leicht in Konflikt mit der Polizei und Justiz geraten oder gar ein Stadionverbot erhalten kann.

Gegen die, unter Bezug auf die vermeintliche Beleidigung mittlerweile ergangenen, lokalen Hausverbote der TSG gegen die Betroffenen wurde unterdessen Widerspruch erhoben. Die Hausverbote, die sich allein auf die Einleitung eines Strafverfahrens stützen, werden von uns nicht akzeptiert und falls erforderlich auch gemeinsam mit den betroffenen BVB-Fans weiter rechtlich aufgearbeitet.

Solltet Ihr ebenfalls betroffen sein und ein derartiges Schreiben erhalten haben, wendet euch gerne an uns!

Fanhilfe Dortmund