In zwei gänzlich unterschiedlich gelagerten Ordnungswidrigkeitenverfahren konnten sich gleich mehrere Mitglieder der Fanhilfe Dortmund über die Einstellung des gegen sie laufenden Ordnungswiedrigkeitenverfahrens freuen:

So sahen sie sich, nach einer Personalienfeststellung im Rahmen eines Fußballspiels, einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Tragens eines Trikots mit “A.C.A.B”-Aufdruck ausgesetzt. Die Stadt Bochum sah in dem Tragen dieses Trikots eine grobungehörige Handlung, die zur Belästigung der Allgemeinheit oder zur Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung geeignet sei, weil mit dem unverdeckten Tragen des Trikots eine Kollektivbeleidigung begangen würde, die sich gegen das Ansehen der Polizei richte und es in der Öffentlichkeit bewusst negativ beeinflusse.

Bereits 2016 fasste das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) den Beschluss (1 BvR 257/14), dass “die Kundgabe der Buchstabenkombination ‘A.C.A.B.’ im öffentlichen Raum (…) vor dem Hintergrund der Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) nicht ohne weiteres strafbar [ist].” So sei die Parole “ACAB” – nach Auffassung des BVerfG – nicht inhaltlos, sondern stellt vielmehr die Ablehnung der Polizei und eine Abgrenzung von der staatlichen Ordnungsmacht dar, bei der es sich um eine Meinungsäußerung im Sinne des Art 5 Abs. 1 GG handelt. Strafrechtliche Verurteilungen (etwa wegen Beleidigung, § 185 StGB) oder, wie im Falle unserer Mitglieder, Bußgeldbescheide auf Grundlage des Ordnungswidrigkeitenrechts greifen somit folglich in das Grundrecht der Betroffenen auf freie Meinungsäußerung ein. Eine strafrechtliche Verurteilung im Zusammenhang mit der öffentlichen Kundgabe der Parole “ACAB” ist nach Auffassung des BVerfG demnach nur dann zulässig, wenn sich die herabsetzende Äußerung auf bestimmte Personen des Kollektivs, jedoch nicht auf das Kollektiv (in diesem Falle die Polizei) als solches bezieht. Ergo stellt das bloße Tragen eines Kleidungsstücks mit dem Aufdruck “ACAB” keine Beleidigung im Sinne des § 185 StGB dar und somit – nach verfassungskonformer Auslegung des § 118 OWIG – wohl auch keine grobungehörige Handlung, die dazu geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen (Vgl. dazu OLG Rostock, 2018, 21 Ss OWi 200/17 (Z) Rn. 5).

Diese, unter Ordnungs- und Polizeibehörden wohl als bekannt vorauszusetzende, Rechtsauffassung schien der Stadt Bochum hingegen gänzlich unbekannt zu sein, sodass sich unsere Mitglieder erst nach der Vermittlung eines Rechtsanwaltes durch die Fanhilfe Dortmund und auf den dann detailiert begründeten Einspruch hin über eine Einstellung des gegen sie bertriebenen Ordnungswidrigkeitenverfahrens freuen konnten. Im Nachgang des Verfahrens bleibt uns somit nur zu hoffen, dass die nun mehr drei Jahre alte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bei den Polizisten des Landes Nordrhein-Westfalen, als auch bei den zuständigen Ordnungsbehörden der Städte angekommen ist.

Ferner sah sich ein weiteres Mitglied der Fanhilfe Dortmund nach einer Personalienfeststellung im Zuge des DFB-Pokalspiels gegen den FC Bayern München im Dezember 2017 mit einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Mitführens eines Megaphons konfrontiert. In der Münchener Arena ist es nämlich gem. § 5 Abs. 1 g.) Arena-Verordnung der Stadt München verboten, ein Megaphon mitzuführen. Auch wenn es aus fanpolitisch Sicht – die wir an dieser Stelle nicht vertiefen möchten – sicherlich einiges an dieser Regelung der Stadt München auszusetzen gibt, war es schnell offenkundig, dass unser Mitglied hier einer offensichtlichen Verwechselung zum Opfer gefallen ist. Trotz eines entsprechenden Hinweises des Betroffenen pochten die Stadt München, die Staatsanwaltschaft sowie letztlich auch das Amtsgericht weiterhin auf die Durchführung des Verfahrens und auf die Zahlung einer Geldbuße, sodass unser Mitglied erst nach Vermittlung und Einschaltung eines Rechtsanwaltes durch die Fanhilfe im Rahmen des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid eine Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erreichen konnte.

Wie sich in beiden Fällen gezeigt hat, kann es also unter Umständen doch durchaus lohnenswert sein, die Stichhaltigkeit von OWi-Verfahren seitens der Behörden kritisch zu hinterfragen und juristisch prüfen zu lassen, statt sie wehrlos hinzunehmen.